Zu schön für die Küche
Carmen Klören sammelt alte Geschirrtücher und näht daraus Handtaschen und Geldbörsen

Früher, als erst wenige Haushalte eine Spülmaschine besaßen, waren es meistens die Kinder, die nach dem Essen zum Spülen in die Küche abkommandiert wurden. Carmen Klören kommt zwar aus einem der wenigen privilegierten Haushalte, der schon sehr früh im Besitz einer Spülmaschine war; zu ihrem Leidwesen musste sie jedoch als Kind auch oft abtrocknen: die guten Weingläser oder die großen Bratentöpfe - alles, was die Mutter nicht in den Geschirrspüler stellen wollte. "Komm, Carmen, das spülen wir jetzt schnell!" Der Satz liegt Carmen Klören heute noch in den Ohren.

Anfang des Jahres, als die nun 28-jährige Architektin mal wieder zu Besuch bei den Eltern im nordrhein-westfälischen Wulfrat war, da kam ihr die Idee mit den Taschen und den Portmonees. Schon als Kind faszinierten sie die bunten Geschirrtücher in der heimischen Küche, die noch aus der Aussteuer der Mutter stammten. Da sie selbst, wie sie sagt, an einem "Handtaschenwahn" leidet, stibitzte Carmen Klören ihr Lieblingsspültuch - rote Äpfel auf weißem Grund - und schneiderte die erste Tasche daraus, versehen mit zwei Bambusringen als Griffe. Der Rest des Stoffs reichte dann noch für ein Portmonee. Bald stellte sich heraus, dass sie sich das perfekte Geburtstagsgeschenk für ihre Freundinnen ausgedacht hatte. Also wurde daraus eine Geschäftsidee namens "Voilà".

Inzwischen hat Carmen Klören an die vierzig Taschen und noch mal so viele Geldbörsen angefertigt - jedes Stück ganz individuell, ob mit holländischem Delft-Muster, kleinen rosa Blümchen, oder mit klassischem rot-karrierten Küchendesign.

"Das perfekte Spültuch? Das darf nicht zu weich sein, damit die Tasche mehr Halt hat", sagt Carmen Klören.

Wie Capri im Frühling Pastellige Farben im 50er-Jahre-Design verarbeitet sie am liebsten - "das ist so schön Lago Maggiore. Oder Capri im Sommer. " Jedes Tuch erzählt eine Geschichte. Das grün-bräunliche zum Beispiel, das mit den Pferden und Bäumen, stammt von der englischen Gastmutter ihrer Freundin Ellen. Irgendwie hat es was von Black Beauty, findet Carmen Klören. Oder von Fury. Nun hat sie Ellen eine schöne Pferdetasche daraus gemacht.

Die meisten anderen Küchentücher hat Carmen ihrer Mutter, eins nach dem anderen, abgeluchst. Jetzt, da sich der Voilà-Look herumgesprochen hat und der mütterliche Bestand an Retro-Küchentüchern langsam aber sicher schrumpft, muss Carmen Klören die Wäscheschränke von Bekannten und Verwandten durchforsten. Oder die Berliner Secondhand- und Trödelläden abgrasen. Der Rumpelbasar in Hellersdorf hat sich als äußerst sichere Fundgrube herausgestellt. "Die alten Damen, die dort gebrauchte Haushaltswaren verkaufen, sind sehr niedlich und nett", sagt Carmen Klören. Der Laden sei einfach ein Traum: Voller Geschirrhandtücher aus den 50er- und 60er-Jahren. Eine Quelle, die nie zu versiegen scheint - "und die Bettwäsche ist auch nicht übel".

Auch wenn es im Moment noch genügend Spültücher gibt in Carmen Klörens Vorratsschrank - wer lieber sein eigenes Geschirrtuch mitbringt, dem näht sie auch daraus die ganz persönliche Henkeltasche mit Geldbörse. Die restlichen Unikate können jetzt in der Lychener Straße 52 in Prenzlauer Berg betrachtet werden, wo sie bis Ende August im Architekturbüro Lap6 ausgestellt sind. Kaufen kann man sie dort auch. Oder im Internet bestellen unter www. glam-royale. de. Eine Tasche kostet 28 Euro, ein Portmonee 14 Euro.

Und noch etwas: Demnächst gibt es auch etwas für Jungs. Aus alten, aber sauberen Herrentaschentüchern will Carmen Klören Armbänder mit Klettverschluss nähen, in denen Geld verstaut werden kann. "Weil Männer ja immer nicht wissen, wohin mit ihrem Portmonee. " Damit die Geldbörse dann nicht immer in die Handtasche der weiblichen Begleitung wandert, hat sie sich die Armbänder ausgedacht. Die Linie soll "Monsieur" heißen. Klingt doch irgendwie nach Alain Delon. Oder nach Fahrten mit dem Cabrio an der Riviera.

BERLINER ZEITUNG/PAULUS PONIZAK Eine Frau braucht viele Handtaschen. Carmen Klören macht ihre selbst und verkauft sie auch.